Südkurier, 13. Februar 2008
Im Tandem voneinander lernen
Mentoring stärkt Berufseinsteigerinnen – Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
Studentinnen und junge Wissenschaftlerinnen der Konstanzer Hochschulen sind
bestens qualifiziert. Doch sind sie auch bestens fürs Berufsleben gerüstet? Frauen in Führungspositionen sind auch in der Bodenseeregion noch immer die Ausnahme. Arbeitsmarktpolitisch gesehen ist dies eine
Verschwendung wertvoller und dringend benötigter Kompetenzen, individuell betrachtet eine verstrichene Chance, Karriere, Privatleben und Familie zu verbinden.
Hier setzt das Mentoringprogramm der Universität
in Kooperation mit der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung sowie der Internationalen Bodenseehochschule an. Seit dem Jahr 2000 gibt es in Konstanz diese gezielte Karriereförderung. „Junge Frauen
brauchen funktionierende Netzwerke, starke Rollenvorbilder und berufliche Orientierung. Mentoring gibt ihnen all dies“, bringt Gudrun Damm, Leiterin des Programms, die Idee auf den Punkt. Pro Semester kann sie knapp
30 „Mentees“ in das begehrte Programm aufnehmen. Eva Mojza, Doktorandin am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität, ist eine von ihnen. Für neun Monate profitiert sie von Workshops, dem
Austausch mit anderen Teilnehmerinnen und vor allem von der intensiven und persönlichen Beratung ihrer Mentorin. Aus einem Pool von 150 Mentorinnen sucht Gudrun Damm die passende für jede „Mentee“. Für Eva Mojza war
dies Annette Kessler, die als Kommunikationstrainerin für internationale Unternehmen und Dozentin für Kulturelle Bildung an der Universität wertvolle Berufs- und Lebenserfahrungen mitbringt. Die Chemie stimmt
zwischen den beiden. Und das, betonen sie einhellig, sei die wichtigste Grundlage für ein erfolgreiches „Tandem“.
Gemeinsam haben sie in wenigen Monaten wichtige Meilensteine auf dem Weg zu Eva Mojzas
geplanter Selbstständigkeit zurückgelegt: Der Geschäftsplan für „Stresskonzepte.de“ steht, die Internetseite ist online, einen Vortrag für die Business Women Bodensee hat sie schon gehalten und ein Training an der
Volkshochschule ist vereinbart. „Meine Mentorin kann ich einfach alles fragen“, unterstreicht Eva Mojza den Nutzen des Mentorings, durch das sie all das erfährt, was in keinem Handbuch zur Karriereplanung steht: Wie
betreibt man erfolgreiches Selbstmarketing, was sind die Tricks beim ersten Akquisegespräch, wo liegen die Fallstricke in Verhandlungen mit Kunden.
„Es ist eine Bereicherung für mich, junge Menschen auf ihrem
Weg in die Berufswelt zu begleiten“, begründet Annette Kessler ihr Engagement. Für sie ist der ehrenamtliche Einsatz zudem keine Einbahnstraße, sondern ein perfektes Beispiel für den Transfer zwischen Wissenschaft
und Wirtschaft: Sie gibt Erfahrungen weiter und bekommt dafür spannende Einblicke in die neuesten Erkenntnisse und aktuellen Themen der Hochschulen.
Damit scheint am Konstanzer Fallbeispiel bestätigt, was die
Arbeitsforschung lehrt: Frauen sind für Frauen die besten Lehrmeisterinnen. Diesen Grundgedanken will Gudrun Damm im Jahr der Wissenschaft 2009 vorantreiben und das erfolgreiche Programm durch die Gewinnung
zusätzlicher Mentorinnen weiter ausbauen.
>>> Druckversion (PDF 55 kByte)
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